Vom Brauchtum in Rohr im Gebirge

Von Volksschuldirektor Josef Mliner, Wopfing

 

Rohr im Gebirge ist ein idyllischer, abgeschiedener Gebirgsort, im Quellgebiet der Schwarza gelegen. Bis vor Jahren war es nur durch einen mehrstündigen Fußmarsch oder mit dem Pferdewagen zu erreichen. Nächster Bahnhof: Gutenstein,

18 km. Es ist also nicht verwunderlich, wenn sich hier manche Bräuche aus dem bäuerlichen und kirchlichen Jahr bis in unsere Zeit herübergerettet haben. Aufgeschrieben habe ich nur, was ich selber miterlebt und was mir der alte Weinzierl (vulgo Pammer) und die Zottl-Großmutter (vulgo Schweiger) von alten, nicht mehr lebenden Bräuchen erzählt haben. Fachliteratur wurde keine benützt.

Nachfolgend die Bräuche im Jahreslaufe:

Neujahrssingen

Wie an vielen Orten, finden wir auch in Rohr das Neujahrssingen.Es wird aber nur mehr sehr wenig gepflegt.

Es waren die älteren Buben und Mädchen, die früher in der Neujahrsnacht von Hof zu Hof zogen.
Es wurden folgende Neujahrslieder gesungen:
"Wir kommen daher und fragen uns an, ob ma neuchs Jahr wünschn komman kann.
Mir wünschn in Herrn und der Frau ins Herz hinein das neugeborene Jesulein.
Der neugebore Jesu Christ für uns Menschen geboren ist.
Freut euch alle mit reichem Schall zu diesem neuen Jahr!"

"Ein Röslein wollt' aufgehn bei kalter Winterszeit.
Was soll denn das bedeuten?
Viel gute Jahr und Zeiten!
Und nach der Zeit des Lebens die ewige Seligkeit."

Diese zwei Lieder habe ich von der Schieferwirtin. Ich bin fest davon überzeugt, daß es noch mehr solcher Lieder gegeben hat, wenn es mir bis jetzt auch noch nicht gelang, weitere zu erfragen. Wem kein Gesang gegeben, der sagt am Neujahrstag beim Gödl und der Godl und den Bekannten ein Neujahrssprüchl her, damit er auch zu seinen Geschenken kommt. "Ich wünsch dir a glücklichs neuchs Jahr, Christkindl mit kraustn Haar, a langs Lebn und an Himmi danebn.

I wünsch da an gedeckten Tisch und auf jeden Eck an bochanan Fisch, a Bratl und a Glaserl Wei, da kunnt mas wohl recht fröhli sei." "Prosit Neujahr, Christkindl mit kraustn Haar, am Tisch a Glaserl Wei, und da sullt der Göd lusti sei." "Ich wünsche dem Herrn und der Frau an guldanan Tisch, an a jede Eckn an brotanan Fisch, in da Mittn a Kanndl Wei und an guldanan Wagn, daß kinnan mitanand in Himmi fahrn." Als Geschenk bekamen die Kinder früher meist ein Sechserl, heute gibt es oft sogar einen Schilling.

Böllerschießen

Am Altjahrstag, um 5 Uhr, wurde das alte Jahr mit Böllerschüssen hinausgeschossen, und am Neujahrstag donnerten die Böller schon wieder, um das neue Jahr zu begrüßen

Altjahraustreiben

Die Erwachsenen findet man am Altjahrsabend im Wirtshaus. Bei Wein und Tanz vergeht die Zeit wie im Flug. Um 12 Uhr kam das alte Jahr in Gestalt eines alten Weibleins und wurde von der Jugend mit Besen unbarmherzig hinausgekehrt. War der Tanzboden leergefegt, kam das neue Jahr, ein sauberes Dirndl.

Neujahrsblasen

Vom Kirchturm hört man um 11 Uhr das Neujahrsblasen. Von 12 bis 1 Uhr läuten die Glocken. Wird Sylvester daheim gefeiert, so gibt es um Mitternacht den unvermeidlichen Schweinskopf.

Bleigießen

Einen jeden plagt die Neugier, was das neue Jahr wohl bringen werde, und mancher versucht, durch irgendein Orakel einen Blick in die Zukunft zu tun. So findet man sich beim Bleigießen. Alles sitzt gespannt um eine große Schüssel mit Wasser, in die mit einem Löffel das flüssige Blei gegossen wird; bei dem, zu dem es hinrinnt, gibt es im kommenden Jahr Familienzuwachs.

Feuerrad

Man ließ ein Rad, dessen Speichen mit "Kean" und Stroh durchflochten waren, brennend einen Abhang hinunterlaufen. Brannte es noch, wenn es unten ankam, konnte man im neuen Jahr viel Glück erwarten. In Naglreit wurde dieser Brauch noch 1946 gepflegt.

Heiligen-Drei-König-Dienstbotentag

Der Tag vor Heiligen Drei König war der Wandertag der Dienstboten. Sie wurden ausbezahlt, und die es wünschten, konnten auf einen anderen Hof in den Dienst gehen. Während des Jahres fand selten ein Knecht oder eine Magd Aufnahme auf einem Hof.Denn das mußte schon ein unverläßlicher Dienstbote sein, der während des Jahres von seinem Dienstplatz davonlief. Für die Dienstboten wurde an diesem Tag eine eigene Messe gelesen. Sie zogen mit Gesang, oft auch mit Musik, in einem Umzug zur Kirche. In der hiesigen Pfarrchronik finden wir im Jahre 1777 für diesen Tag vermerkt: "Die Dienstboten haben 2 Gulden 3 Kreuzer geopfert, davon dem Schulmeister 30 Kreuzer gegeben."

Hausausräuchern

Am Vorabend zum Dreikönigstag werden die Wohnräume, Vorratskammern und Stallungen ausgeräuchert. Der Brauch wird auch heut noch fast in jedem Haus gepflegt. Die Bäuerin trägt dabei die Räucherpfanne (Holzkohle, Weihrauch, Myrrhe),der Bauer das Gefäß mit Weihwasser, und jemand von den älteren Leuten betet dabei den Rosenkranz vor. So schreitet man durchs ganze Haus, und an jede Tür wird das K+M+B mit der Jahreszahl geschrieben. In dieser Nacht liegt für die Heiligen Drei Könige Stroh auf der Tenne, wenn sie sich auf ihrem weiten Weg vielleicht gerade da ausruhen wollen. Das K+M+B wird schalkhaft auch folgendermaßen gedeutet: "Karl machs Bett" oder von rückwärts nach vorn: "58 böhmische Menscher kosten 19 Kreuzer". (Je nach der Jahreszahl). Es ist also für unser Jahrhundert mit einer steigenden Verbilligung zu rechnen.

Sternsinger

Am Vorabend des Dreikönigstages ziehen die Sternsinger von Hof zu Hof. Es sind meist drei "vagugelt" (vermummte) Gestalten, die auf einer Stange ein aus Fichtenrinde gebautes Gebäude tragen. Darin liegt das Jesukindlein in einem Kripplein, darüber leuchtet der Stern. Damit sich die Sternsinger (Mädchen und Frauen) auf ihrem Weg zu den Einödhöfen nicht zu fürchten brauchen, werden sie von Burschen begleitet. Kommen sie zu einem Hof, so stellen sie sich vor das Stubenfenster, zünden die Kerze vor dem Kripperl an und singen ihre Lieder

Lichtmeß

Der Lichtmeßtag gilt, wie jeder Beginn eines neuen Jahresabschnittes, als Lostag. (Alte Wetterregel: Wenn sich zu Lichtmeß der Bär umdreht, dauert der Winter noch lang.) Er bringt uns in der Kirche die Kerzen- und Lichterweihe.Mit dem Dreikönigstag hat der Fasching begonnen, aber das richtige Faschingsleben erwacht erst nach dem Lichtmeßtag.

Fasching

Am Faschingssamstag sind die Frauen bis spät in die Nacht beim "Kropfabockn". Es war schon eine stattliche Zahl notwendig, denn neben den Familienangehörigen wollen auch die Faschingsnarren an dem köstlichen Gebäck teilhaben. Gibts keine Krapfen, gibts keine Faschingsnarren! Zogen bis vor Ausbruch des Krieges die Burschen in mehreren Gruppen mit Gesang und Musik nd noch mehr Lärm bis in die entlegensten Einzelhöfe, so kann man heute nur Kinder finden, die sich als Faschingsnarren vermummen und herumziehen. Sie finden auch ohne Krapfen und Wein Freude an diesem Treiben. Weil früher jeder Narr seine Gesellin mitführte, so findet man auch bei den Kindern immer wieder die Narrenpärchen. Auch der "alte und junge Mann" fehlen nicht, die mit Stöcken aufeinander losdreschen. (Streit des Winters mit dem Sommer.) Am Aschermittwoch erhält man in der Kirche das Aschenkreuz auf die Stirne gezeichnet - die Fastenzeit beginnt.

Hochzeitsbräuche

Da die meisten Bauernhochzeiten in der Faschingszeit stattfinden,sollen hier auch die Hochzeitsbräuche erwähnt werden. Vom ersten Aufgebot bis zum Hochzeitstag trug früher der Bürgermeister als sichtbares Zeichen, daß es Brautleute im Dorf gab, ein Rosmarinkranzel auf dem Hut.

Ins Leutladen

Ist das Paar aufgeboten, so geht ein redegewandter Bursch "ins Leutladen". Er trägt einen Buschen auf Stecken und Hut und bittet die Leute in wohlgesetzter Rede zur Hochzeit. Er muß einen "blechernen" Magen haben, denn überall wird ihm mit den Worten: "Wannst net ißt und trinkst, dann kumm ma net", Speise und Trank vorgesetzt.

Buttertanz und Butterlampl

Fand die Hochzeit im Brauthause statt, gabs vorher schon den Buttertanz, und zwar an dem Tag, andem die Geladenen die Butter für den Hochzeitsschmaus ins Haus brachten. Gar oft war ein "Butterlampl" dabei, das mehrere Kilo wog und das eine kunstfertige Frauenhand aus den Butterspenden mehrerer Bäuerinnen angefertigt hatte.

Hochzeitskleider

Am Tag der Hochzeit zieht der Hochzeitszug zur Kirche. Die Braut trug früher ein schwarzseidenes Kopftüchl, kunstvoll zu eine Art Haube gebunden, wobei die zwei langen Zipfel weit über die Schultern herabhingen. Über das Tüchel hatte sie de Jungfernkranz aus Rosmarin aufgesteckt. Zum meist grünseidenen Brautkleid trug sie ein schönes Brusttuch, das sich über der Brust kreuzte und am Rücken zusammengebunden war. Ein seidenes "Fürta" vervollständigte die Gewandung. Der Bräutigam hatte einen "Hasenhaarenen" auf (Filzhut aus Hasenhaaren mit kleiner aufgebogener Krempe) mit einem schönen Rosmarinkranzl herum. Dazu trug er eine Lodenjoppe, eine lederne Kniehose und Stiefel.

Freikauf des Hochzeitszuges

Die Mädchen versperren dem Hochzeitszug mit einer Wiege den Weg, die Burschen bauen einen Mautschranken. An beiden Stellen muß der Bräutigam den Durchlaß erkaufen (Faßl Bier).

Krapfenstreuen

Vor der Kirche streute die Brautmutter (nicht die Mutter der Braut, sondern meist eine reiche Bäuerin) Krapfen unter die gaffende Kinderschar.

Hochzeitsmahl

Nach der Trauung zieht der Hochzeitszug in das Haus der Brauteltern,häufiger in das Wirtshaus, wo der Hochzeitsschmaus stattfindet. Hier muß der Bräutigam mit einem Holzmesser das Brot anschneiden, dann erst setzt sich die ganze Gesellschaft zum Hochzeitsmahl. Wenn auch die Speisenfolge nicht immer die gleiche ist, Schmalzkoch, Rindsuppe, Rindfleisch mit Kren, Schweinebraten, Schnitzel, Gugelhupf mit Kaffee und Krapfen finden sich doch immer wieder in diesem bunten Reigen leiblicher Genüsse.

Brautraub

Der Bräutigam kann während des Mahles nicht genug auf seine Braut aufpassen. Er läßt sie auch fast nicht aus den Augen. Aber meist hilft es doch nichts, denn auf einmal ist sie verschwunden. Die Räuber führen sie unter Triumph der schon darauf wartenden Dorfjugend in ein Wirtshaus. Dort wird gezecht und getanzt, bis der suchende Bräutigam die ganze Gesellschaft endlich aufstöbert. Je eher es ihm gelingt, um so besser für ihn, denn als Strafe für seine Unaufmerksamkeit hat er die Zeche zu bezahlen, die bis dahin gemacht wurde. Der ganze Schwarm zieht nun zurück ins Hochzeitshaus.

Kranzlobatanzn

Um Mitternacht holt ein alter Junggeselle die Braut zum "Kranzlobatanzn". Er dreht mit ihr drei Ländler und nimmt ihr dabei das Bautkranzl ab. Am Ende der Tänze setzt ihn (den Kranz) die Braut dem Junggesellen auf. Der führt nun die Braut dem Bräutigam zu und übergibt ihm auch das Kranzl. Die Brautleute verlassen nun meist die Gesellschaft, die sich aber dadurch nicht stören läßt, und weit bis in den nächsten Tag hinein weiterzecht.

Nachhochzeit

Früher schloß sch gleich ohne Unterbrechung die Nachhochzeit an. Daß dabei das Essen und Trinken nicht ausging, dafür wurde schon gesorgt. Gar mancher lobte das Geselchte, ohne dabei zu ahnen, daß es aus seiner eigenen Fleischkammer stammte, denn für diese Nachhochzeit war es den Burschen als ungeschriebenes Gesetz erlaubt, für den Nachschub an kulinarischen Genüssen von überall her zu sorgen, nur durften sie sich dabei nicht erwischen lassen. Wie man zu erzählen weiß, machten sie dabei selbst vor der Fleischkammer des Herrn Pfarrer nicht halt.

Palmsonntag

Am Palmsonntag wird in der Kirche der Palmbuschen geweiht. Auf dem Heimweg von der Kirche soll man von dem geweihten Buschen drei Kätzchen essen, damit ist man für das ganze Jahr gegen Schlangenbiß und Halsschmerzen gefeit. Daheim wird an allen gefährdeten Stellen des Hofes ein Palmzweiglein ausgesteckt. Es bewahrt Hof und Scheune vor Blitzschlag und das Vieh vor Seuchen.

Aprilschicken

Vor den Osterbräuchen soll noch das Aprilschicken erwähnt werden, eine Sitte voll Heiterkeit und Fopperei. Alt und jung versucht an diesem Tag einander irgendwie hereinzulegen und anzuführen. Die Kinder werden um Watte-, Salz- oder Dukatensamen zum Kaufmann geschickt, oder man läßt sich zehn Deka "Ibindumm", "Haumiblau" oder "Oxdradium" holen. Von besonders gelungenen Scherzen erzählt man sich noch viele Jahre später. So wurde einmal ein des Lesens unkundiger Bauernbursche von seinem Göd zum ersten April mit einem "wichtigen Schreiben" aufs Gericht nach Gutenstein hinausgeschickt. Es war schon um die Mittagszeit, als er hinauskam. Da er aber sein Schreiben los werden wollte, ging er in das Wirtshaus, wo die Gerichtsbeamten zu essen pflegten, und übergab es dort einem bekannten Gerichtsschreiber. Der las es nun der Runde vor: "Am ersten April schickt ma an Esel wohin ma will." Unter dem nicht endenwollenden Gelächter der Gerichtsbeamten sann der angeführte Bursche auf Rache. Zwei Tage blieb er in Gutenstein und ließ es sich gut gehen. Sein Göd hatte für eine Zeche von 20 Gulden aufzukommen.

Gründonnerstag

Das Osterfest kommt näher. Am Gründonnerstag kommt Spinat, Sauerampfer oder eine andere "Greanspeis" auf den Tisch. Da erhält das ganze Jahr frisch. An diesem Tag fliegen die Glocken nach Rom.

Ratschen

Zur Zeit des sonstigen Glockengeläutes ziehen die Buben mit ihren Ratschen vor die Häuser, knien nieder und sprechen: "Wir ratschen, wir ratschen den 'Englischen Gruaß', den a jeder Christgläubige bet'n jetzt muaß."

Mäusevertreiben

Der alte Weinzierl , vulgo Pammer, hält heute noch an folgendem Brauch fest: Am Karfreitag, vor Sonnenaufgang, geht er auf den Acker hinaus und schlägt einen Stecken ein. Es muß aber ein langer Hartholzstecken sein; so tief der Stecken in die Erde dringt, soweit der Schall des Einschlagens hallt, können sich Mäuse und Scher (Maulwürfe) im nächsten Jahr nicht halten.

Osterfeuer

Am Karsamstag kommen die Glocken wieder zurück, und die Ratschenbuben gehen ihren Lohn einsammeln. Sie erhalten Eier, oft schon gefärbt, aber auch andere nahrhafte Dinge, oder Geld. Am Karsamstag, in der Früh, wird bei der Kirche ein Feuer angezündet und geweiht. Die Buben haben an einem Draht oder Stock einen "Schwamma" (Zunder) befestigt, den sie nun an dem geweihten Feuer anbrennen und in die Häuser bringen. Der Bauer trägt dann daheim das Feuer durch alle Räume und weiht sie damit. Früher wurde auch das Feuer auf der offenen Herdstelle in den Rauchküchen damit angebrannt, das dann wieder ein volles Jahr hindurch brannte, ohne auszugehen. Um es bei guter Laune zu erhalten, wurde es mit Salz und Krapfen gefüttert. (So erzählte mir die alte Zottlbäuerin.) Bei der Auferstehungsfeier geht eine feierliche Prozession um den Kirchenbühel.

Besegnen der Felder

Am Ostersonntag, noch lange vor dem Frühgottesdienst, ging der Bauer mit seinen Leuten auf die Felder und Wiesen. (Heute noch in Nagelreit.) Man betete dabei einen Rosenkranz und steckte geweihte Palmzweige aus, um die Felder vor Unwetter und Hagelschlag zu schützen. Es wird auch häufig ein Feuer angezündet, in dem man die alten Palmbuschen verbrennt. In der Kirche werden Eier, Geselchtes (meist Rindfleisch), Guglhupf oder Weißbrot und Krenwurzen geweiht.

Osterbründl

Bevor man noch zur Frühmesse geht, soll man sich an drei Brunnen waschen, damit man kein Augenleiden bekommt. Der aber über eine Brücke geht, wenn er die Brunnen aufsucht, dessen Waschungen sind wirkungslos.

Ostereier und Eierspiele

Für die Kinder legt der Osterhase bunte Eier in ein Nest, das sie entweder vorher aus Moos und Gras gebaut haben, oder das sie erst suchen müssen. Es kommt auch vor, daß der Vater einen Palmbuschen, der seit dem Palmsonntag im Garten gesteckt hat, irgendwo im Haus versteckt. Wer ihn findet, bekommt die meisten Eier. Viele erfreuen sich nicht lange ihrer Eier, denn bei den Eierspielen kann man sie leicht wieder verlieren. Das einfachste dieser Spiele ist das "Eiertitschen". Die zwei Spieler halten ihr Osterei so in der Hand, daß nur eine Spitze hervorlugt. Sie werden "zusammengetitscht", und wessen Ei dabei ganz bleibt, hat das andere gewonnen. Beim Eierscheiben bringt auch nur das widerstandsfähige Ei den Sieg und Gewinn. Darum versucht manch kleiner Schwindler den anderen mit dem Gipslegei zu übervorteilen. Beim "Eierpecken" geht es ganz besonders zu. Ein Ei wird an der Hauswand auf den Boden gelegt, daß es nicht wegrollen kann. Die Spieler stellen sich in einiger Entfernung davon auf und versuchen mit Geldstücken das Ei zu treffen. Wessen Zehnerl stecken bleibt, dem gehört das Ei und das rundherum liegende Geld.

Eiersammeln

Am Ostersonntag ist das Eiersammeln in vollem Gang. Ein wahrer Wettbewerb entsteht, denn ein jeder will die meisten Eier, Kipferl und Striezel heimbringen. Die Kinder gehen von Haus zu Haus - kein Weg ist ihnen zu weit - und sagen ihre Bittsprüchlein her: "Gelobt sei Jesus Christus! I bitt gar schön um a rot's Oa." "Bitt gar schön um a rot's Oa, drei san ma liaba wi zwoa!" Auch die Burschen gehen sammeln, aber erst am Abend, nach dem Dunkelwerden. Sie holen sich ihre Ostereier beim Kammerlfenster. Mancher prahlt dann im Wirtshaus, daß er seinen Rucksack gebraucht habe zum Heimschleppen, so viele habe er bekommen. Jedem Dirndl, von dem der Bursch Ostereier bekommen hat, muß er zum Kirta ein Geschenk machen. Am Dienstag sind die Kinder beim Göd und bei der Godl eingeladen. Da gibt es ein gutes Mittagessen mit Geselchtem und Schweinsbraten, als Abschluß und Krönung des Ganzen aber: ein Schmalzkoch mit sehr vielen Rosinen. Mit vollem Bäuchlein, im Tüchl Ostereier und Bäckerei, so gehen sie dann am Abend heim.

1. Mai

Der Maibaum wird in den ersten Morgenstunden des 1. Mai geschnitten. Zur Walpurgisnacht soll er noch stehen, aber die ersten Kirchgänger sollen ihn schon aufgestellt finden Während des Winter, beim Holzschlagen, haben die Burschen nach einem passenden Baum Umschau gehalten. Je höher, desto besser. Wo er steht, spielt keine Rolle, denn sie holen sich ihn ohne Bezahlung. Das Aufstellen geht in aller Ruhe vor sich. Der Schaft ist bis auf einen kleinen Wipfel entrindet und mit Wachs und Seife geglättet, im Wipfel hängen Würste, Weinflaschen, Guglhupf, denn die Maibaumkletterer sollen keine leichte Arbeit haben, wenn sie sich etwas herunterholen wollen. Herr Weinzierl erzählte mir, daß bis vor dem ersten Weltkrieg auch eine Uhr mit Kette, gefaßtes Silbergeld (Uhranhänger) und oft sogar ein ganzer Anzug oben hingen. Von den vielen Zuschauern bekam der glückliche Kletterer auch noch ein reichliches Trinkgeld.

Pfingsten

Das Pfingstfest bringt neben der allgemein bekannten kirchlichen Feier noch einen sehr netten Brauch. Wer am Pfingstmorgen als letzter aus dem Bett steigt, wird mit Brennesseln bekränzt.

Maibaumumschnitt

Am letzten Maitag (jetzt am letzten Sonntag im Mai) wird der Maibaum um geschnitten und versteigert. Die Nacht vorher wird der Baum streng bewacht, damit nicht die Burschen aus der Nachbarschaft vielleicht vorgreifen und den Baum umschneiden, was für das ganze Jahr Spott und Hänseleien der ganzen Umgebung bedeutet. Am Sonntagnachmittag zieht nun ein lustiger Zug unter Musik auf den Platz, wo der Maibaum steht. Voran zwei Narren, die ihre derben Späße treiben, dann folgen die Holzknechte. Ihnen schließen sich die Bäuerin und der Bauer an. Sie trägt einen Buckelkorb und führt ihren "kropfatn" Buam an der Hand, der ein Wagerl zieht. Der "Goaßtreiber" führt eine Goaß am Strick. Diese wird von zwei Burschen dargestellt. Der erste trägt als Maske einen Geißenschädel, der andere hält sich mit vorgebeugtem Oberkörper an der Hüfte des vorderen fest und bildet so das Hintergestell. Ein darübergeworfenes Leintuch verhüllt nun die Geiß bis auf die Wadenstutzen und Nagelschuhe. Dem Goaßtreiber folgen die Jäger und Wildschützen. Die Burschen "plattln" nun noch einen um den Baum herum, dann wird er versteigert. Während nun die Holzknechte mit Pappendeckelsägen und hölzernen Hacken zur Belustigung der Zuschauer den Baum nicht umschneiden können, haben sich die Wildschützen aus dem Staub gemacht, und auf einmal hört man es irgendwo schießen. Die Jäger stieben davon, um die Wilddiebe zu fangen. Eine lustige Jagd beginnt. Die Wilddiebe suchen unter den Zuschauern Schutz, und es gibt einen Wirbel und "a wüldi Gaudi", bis die Jäger ihrer habhaft werden. Die Holzknechte sind schon müde von ihrer anstrengenden Arbeit und verlangen von der Bäuerin einen Sterz. Die versucht nun die "Goaß" zu melken. Diese vollführt die tollsten Sprünge, bis sie sich endlich melken läßt, das heißt, bis ihr der hintere Geißendarsteller aus einer Flasche Wasser in die Pfanne gießt. Mit Sägespänen rührt sie nun einen Sterz an und schmiert ihn den Holzknechten ums Maul. Jetzt bringt der "Sogfeiler" auch richtiges Werkzeug herbei, und der Baum wird kunstgerecht umgelegt. Nun geht im Gasthaus bei Wein und Tanz das lustige Treiben weiter bis zum nächsten Morgen.

Fronleichnam

Tagelang vor dem Fronleichnamsfest laufen die Mädchen schon mit eingedrehten Löckchen umher. Im Wald werden Birkenreiser geschnitten, um damit die Häuser zu schmücken. Marterl und Feldkreuze erhalten reichlichen Blumenschmuck, und die Straße, auf der die Prozession zieht, wird mit grünen Stauden gesäumt. Das Fronleichnamsfest selbst wird in der herkömmlichen kirchlichen Weise gefeiert. Die folgenden Monate bringen dem Bauer sehr viel Arbeit.

Sonnenwende

Zur Sonnenwende werden zwar auf den Höhen Feuer angezündet, aber es finden sich dabei nur die nächsten Nachbarn zusammen.

Kirta

Erst am Kirta zum Ulrichstag findet sich wieder das ganze Dorf zusammen. In allen Höfen wird schon Tage vorher geputzt und gescheuert. Die Kirtakrapfen und andere Bäckereien werden gebacken.

Marktgerichtsbarkeit

Acht Tage vor dem Kirta wird auf dem Kirchbühel vor der Kirche eine Holzsäule aufgestellt, an der ein hölzerner Arm mit einem Schwert befestigt ist. Diese Säule bleibt als Zeichen der Marktgerichtsbarkeit bis acht Tage nach dem Kirta stehen. Kirchlich wird der Tag mit einem Festgottesdienst gefeiert. Daheim gibts ein ausgiebiges Festessen. Bei den Standln kaufen die Burschen den Mädeln als Revanche für die Ostereier einen "Kirta". Lebzeltherzen und -reiter, Seidentüchel, Ketterl und Broschen. In den Wirtshäusern beginnt schon am Nachmittag der Tanz. Und das Treiben findet - unterbrochen durch zünftige Raufereien - meist erst am nächsten Morgen sein Ende.

Allerheiligen

Zu Allerheiligen und Allerseelen werden die Gräber der Verstorbenen in liebevoller Weise geschmückt. Viele Grabhügel finden wir mit Moosen und Flechten bedeckt, mit "Kranawetten" und rings mit kleinen Lichtern besteckt. Diese einfachen Grabhügel sind meist auch die schönsten.

Flachsbrecheln

In die folgende Zeit fiel früher das "Haardörren und Brecheln". Es steht bei manchem Hof (wegen der Feuersgefahr meist ein wenig abseits) noch die "Brechtlstubn", ein kleines Häuschen, das aber heute meist nur mehr als Abstellraum dient, da man nur mehr sehr wenig Flachs baut. Beim Brecheln fanden sich die Frauen und Mädchen der ganzen Nachbarschaft zusammen. Es wurde viel erzählt und gesungen. Wehe dem Burschen, der sich da hinein verirrte. Er wurde mit den "Agen" (Brechelabfall, ein stechendes und beißendes Zeug) ausgestopft und hinausgeworfen. Am letzten Abend kamen die Burschen zum "Brechelschrecken". Stark vermummt, mit langen Flachsbärten, manche auf hohen Stelzen, so polterte die Schar in die Stube. Die Mädchen hatten sich darauf schon vorbereitet und empfingen sie mit einem Wasserguß. Nun ging unter Gejohle und Gekreisch ein wildes Jagen los. Man versuchte einander mit "Agen" auszustopfen. Die Mädchen hatten schon Krapfen mitgebracht, die Burschen Wein, und nach einem versöhnenden Schmaus fanden sich die Pärchen beim Tanz. War das Brecheln im ganzen Dorf beendet, fand am darauffolgenden Sonntag im Gasthaus der Brecheltanz statt.

Advent und Adventhäuschen

Es kommt die Adventzeit heran, das neue Kirchenjahr beginnt. Es wird ein schöner Adventkranz geflochten und in der Stube aufgehängt. An jedem Adventsonntag steckt man eine neue Kerze dazu. Die Kinder fertigen sich ein Adventhäuschen an. Auf starke Pappe wird ein Häuschen gezeichnet und ausgeschnitten. Es hat 24 Fenster und eine Tür. An jedem Tag wird nur ein Fenster aufgemacht und am Heiligen Abend, bevor man zur Mette geht, die Tür.

Barbarazweig

Am Barbaratag wird ein Zweig eingefrischt. Wenn er bis Weihnachten blüht, heiratet im nächsten Jahr jemand aus dem Haus.

Nikolo

Am St. Nikolaustag kommen der Nikolo und der Krampus zu den Kindern. Die müssen beten und Fragen aus dem Katechismus beantworten. Die schlimmen Kinder bekommen es mit der Rute, die braven bekommen Äpfel, Nüsse und Lebkuchen. In manchen Höfen stellen die Kinder nur am Abend die schön geputzten Schuhe ins Fenster und finden am nächsten Morgen ihre Geschenke darin.

Thomastag

Am Thomastag (21. Dezember) beginnen die "Untanachten". Sie dauern bis zum Dreikönigstag. In der Zeit darf die Tenne nicht leer sein, sonst tanzen die Hexen darauf. Es soll auch in diesen Tagen der Friedhof nicht geöffnet werden, weil man sonst vor den "armen Seelen" keine Ruhe hat. Am Abend des Thomastag beginnt man mit dem Backen des "Klötzenbrotes". Die Mädchen bringen zum Heizen einen Arm voll Stenka (starke, kurzgehackte Fichtenäste, die Rückstände vom Streuhacken) herein. Sind die Stenken paarweis (durch 2 teilbar), heiratet das Mädel im nächsten Jahr. Aber auch durch das Patschenwerfen suchen die Heiratslustigen zu erfahren, ob ihnen im kommenden Jahr das Glück hold sei. Sie setzten sich mit dem Rücken zur Tür auf einen Sessel und schupfen mit dem Fuß einen Patschen über ihren Kopf zur Tür. Weist der mit der Spitze hinaus, so wird im nächsten Jahr geheiratet. Andere legen sich in der Thomasnacht verkehrt ins Bett und sagen dabei folgendes Sprüchlein: "Thomas, i bitt' di, Bettstadl, i tritt di, loß ma mein Allerliebsten erschein'!" Nun soll ihnen im Traum der Allerliebste erscheinen.

Heiliger Abend

Am Heiligen Abend stellt man eine große Kerze auf den Tisch und betet einen Rosenkranz. Die Kerze soll bis zum nächsten Morgen brennen. Vor dem Weihnachtsbaum in der guten Stube erfolgt die Bescherung.

Mette

Früher machten sich die Leute schon nach der Bescherung auf den Weg in die Mette. Es galt als besonderes Verdienst, zuerst nach Gutenstein zu gehen, wo die Mette um 10 Uhr war. Von da ging es auf den Mariahilferberg, wo sie um 12 Uhr gelesen wurde, und dann erst heim nach Rohr, wo sich auch die Daheimgebliebenen um 5 Uhr zur Mette zusammenfanden. Jetzt begnügt man sich damit, um 12 Uhr in die hiesige Kirche zur Mette zu kommen. Es ist ein wunderschöner Anblick, wenn man auf dem Kirchenbühel steht und von rundherum die Lichter der Kirchgänger herankommen sieht. Die daheim auf dem Hof bleiben, gehen um Mitternacht in den Stall, um die Tiere zu belauschen, denn in der Christnach können diese reden. Sie setzen sich dann in der Stube zusammen und beten einen Rosenkranz und eine Litanei. Da die meisten Kirchgänger einen weiten Weg haben (bis zu 18 Kilometer hin und zurück), stärken sie sich vor dem Heimweg im Gasthaus mit einem Bratwürstchen. Daheim werden sie von den anderen schon erwartet. Es wird aufgetischt, und jeder läßt sich das Bratl und auch das Kletzenbrot gut munden. Am Christtag kommt wieder ein "bsundas" Essen auf den Tisch, und mam Nachmittag und Abend machen die Kinder bei den Godlleuten Besuch, ob einem das Christkind dort nicht auch noch was beschert habe.

Stefanitag

Am Stefanitag wird Salz und Wasser geweiht. (Pfarrchronik, 26.Dezember 1785: "Beim Gottesdienst Salz und Wasser geweihet.") Am Nachmittag findet man volle Wirtshäuser, und am Abend dreht sich alles beim Tanz. Mit Silvester schließt sich der Jahreslauf und führt uns hinüber zu schon angeführten Jännerbräuchen.

 

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