SAGEN AUS ROHR IM GEBIRGE

DER SOMMERAUER UND DIE ZWERGE


In einem Seitengraben des Tümpfels standen in alter Zeit drei kleine Bauerhöfe. Auf einem dieser Höfe, beim Sommerauer, herrschte große Not. Der Bauer und die Bäuerin waren zwar recht fleißige Leute aber das Anwesen warf wenig ab und so wußten sie oft nicht, womit sie die Mäuler ihrer hungrigen Kinderschar stopfen sollten. An einem sonnigen Sonntagnachmittag saß der Sommmerauer auf der Hausbank und genoß die wohlverdiente Ruhe nach der arbeitsreichen Woche. Aber seine Gedanken ruhten nicht. Er sann und sann, wie er der Not Herr werden könnte. Da standen auf einmal drei Zwerglein vor ihm, die baten, der Bauer möge ihnen drei Krampen und drei Schaufeln borgen. Am nächsten Morgen würde sie der Bauer bestimmt wieder in seiner Holzhütte finden. Der Sommerauer war ein guter Kerl und gab den Zwerglein  das Verlangte. Als er am nächsten Morgen in die Holzhütte trat, lehnten in einer Ecke die drei Krampen und die drei Schaufeln. Aber ein Strahlen ging von ihnen aus und erfüllte die ganze Hütte. Die Zwerglein hatten sie in reines Gold verwandelt. Nun hatten die Sorgen auf dem Sommerauerhof ein Ende.

 


DIE VERSUNKENE STADT ROHR


Wo sich heute die grosse sumpfige Rohrwiese ausdehnt, lag einst die Stadt Rohr. Reich an allem waren ihre Bewohner, doch nicht weise gebrauchten sie ihre Schätze, sondern sie schwelgten und praßten und ließen unsren Herrgott einen guten Mann sein. Nur um ihres Leibes Wohl waren sie besorgt; niemand dachte an sein Seelenheil. Allen Ermahnungen zum Trotz führten sie ihr lasterhaftes Leben weiter, bis des Herrgottes großes Strafgericht sie heimsuchte. Die Bäche und Flüsse traten aus ihren Ufern, rissen alles mit sich und bedeckten mit ihrem Wasser, mit Schlamm und Morast die arge Stadt Rohr. Nach langen Jahren, als sich schon allmählich eine Grasnarbe über dem Sumpf gebildet hatte, ging der Holzhofer hinaus auf die Sumpfwiese, die ja zu seinem Besitz gehörte um Gras zu mähen. Und plötzlich, so erzählt die Sage, sprang seine Sense entzwei, denn er hatte das Kirchenturmkreuz der ehemaligen Stadt Rohr abgemäht. Heute kann man das Kreuz noch sehen. Auf einem Baum, mitten in der Rohrwiese, ist es angebracht. Und manche Leute, die in der " Gegend " wohnen, sagen heute noch, sie gehen in die" Stadt", wenn sie nach Rohr hereinkommen.

 


DER SCHATZ IM TUEMPFEL


Wenn man vom Zellenbach den Raingraben hinaufsteigt, kommt man zu einer großen Wiese. Sie liegt in einer Mulde und ist daher recht sumpfig. Die Rohrer nennen sie das Tümpfel. Im Tümpfel stand früher eine Sennhütte, da es dort auch in den trockensten Jahren Wasser für die Weidetiere gab. Jeden Abend stellte die Sennerin für die Moosmanderln und die Moosweiblein eine große Schüssel Milch unter die Buche vor der Hütte, die verscheuchten ihr dafür die Kühe und Kälber, wenn sie zu tief ins Tümpfel wollten. Damit keines in seinen Untiefen umkomme. So lebte die Sennerin mit dem kleinen Völkchen im besten Einvernehmen. Ihre Nachfolgerin aber, ein böses und geiziges Weib, ließ die Männlein und Weiblein arg hungern. Da sannen diese natürlich auf Rache. Das hartherzige Weib hatte während einer Notzeit sein ganzes Geld in einer nahen Felshöhle versteckt, die es von der Hütte aus sehen konnte. Aber so oft sie nun auch versuchte, den Weg zu finden, immer mißlang es ihr, denn die Moosleutchen hatten ihn verzaubert. So ruhrt heute noch der Schatz in der Felshöhle und wartet auf dich, dass du ihn hebst.

 


DIE TEUFELSMAUER IM BRUNNTAL


Im Brunntal ragt eine steile Felswand in die Höhe,die Teufelsmauer.Von ihr erzählt man sich folgende Sage: Es war an einem Ostersonntag; alles ging nach Rohr in die Kirche: Bauern, Holzknechte und Jäger. Dies wollte ein Wilderer ausnützen und im Brunntal eine Rehgeiß schießen,die er schon seit ein paar Tagen beobachtet hatte. Es war zur Stunde des Gottesdienstes,als er von der Felswand aus die Rehgeiß zur Strecke brachte. Er holte die Geiß, nahm sie auf die Schultern und ging um die Mauer herum. Auf einmal polterte und dröhnte es hinter ihm. Erschrocken drehte er sich um. Da trat der Teufel aus der Mauer und griff nach ihm. In seiner Angst ließ er die Rehgeiß und sein Gewehr fallen und lief um sein Leben. Ständig hörte er schwere Tritte hinter sich, aber er wagte es nicht sich umzusehen. Bei einem Marterl sank er erschöpft nieder. Das war seine Rettung, denn an diesem Ort konnte ihm der Teufel nichts mehr anhaben. Von diesem Tag an gelobte der Mann, nie mehr zu wildern. Die Felsmauer aber heisst heute noch die Teufelsmauer.

 


DIE BREGMANDERLLUCKA BEIM WEISSEN STEIN


Ein Holzknecht stieg einmal am Pfingstsonntag über die Blaubodenwiese zum Weißen Stein hinauf. Er war in Rohr bei der hl. Messe gewesen und wollte wieder zu seiner Hütte zurück. Beim Weißen Stein setzte er sich unter eine Oacha (Ahorn), um ein bißchen zu verschnaufen. Da hörte er ganz deutlich eine Kugel rollen, wie auf einer Kegelbahn, und gleich darauf drei Kegel fallen. Hinter der Oacha ging ein Windloch in den Fels, und da heraus waren die Geräusche gekommen. Da mußte ein Bergmanderl drinnen sein, das mußte er fangen. Schnell sprang er zur seiner Hütte, füllte einen Teller mit Dirndlschnaps und mischte viel Honig darein, denn Süßes hatten die Bergmanderl gerne. Dann begab er sich mit einem Kameraden zurück zur Oacha. Dort stellten sie den Teller vor das Windloch und versteckten sich hinter einem Busch. Wenn das Bergmanderl von dem Honig schleckte, würde es bestimmt betrunken und dann hofften sie, es leicht fangen zu können. Und so geschah es auch. Als das Männlein singend und lachend vor seiner Hölle herumhüpfte, sprangen sie rasch herzu und fingen es. Das Bergmanderl bat und bettelte, sie möchten es doch wieder freilassen. Die Holzknechte wollten das aber nur tun, wenn das Männlein ihnen aus der Not helfen wolle. Hoch und teuer versprach dies das Bergmanderl, und so kam es wieder frei. "Sagt`s kan Tram und bäht`s ka Brot, dann hilft enk Gott aus aller Not!" So rief es ihnen noch zu und war verschwunden. Das Bergmanderl hat man seither nicht wieder gesehen, aber das Windloch sieht man heute noch und es wird seither die "Bergmanderllucka"genannt.

 


DIE DREI BERGMÄNNLEIN VOM WEISSEN STEIN


Der Groß-Michl, ein Holzknecht aus Rohr, arbeitete mit seinen Kameraden in einem Holzschlag beim Weißen Stein. Am Klein-Ostersonntag, das ist der Sonntag nach Ostern, hatte ihm sein Weib für die kommende Woche Schmalz, Mehl und Schnaps hinaufgetragen. Ihr Hund begleitete sie. Auf dem Heimweg klaubte sie, um die Tasche nicht leer heimzutragen, Holz. Als sie in die Nähe des Weißen Steines kam, begann der Hund zu winseln und war nicht weiterzubringen. Sie schaute von ihrer Arbeit auf; da sah sie drei Bergmanderl kegelscheiben. Sie hatten ein weißes Seidentuch aufgebreitet, auf dem die goldene Kugeln rollte und die goldenen Kegeln nur so in der Sonnne blitzten. Da das Holzknechtweib wußte, daß sich die Bergmännlein meist nicht weit von ihrer Höhle entfernten, versuchte sie diese zu entdecken. Denn gelang es ihr, den Bergmännlein den Weg zu ihrer Höhle zu versperren, dann gehörten die goldene Kugel und die goldenen Kegeln ihr und alle Not hat ein Ende. Tatsächlich fand sie die Höhle. Mit raschen Sprüngen wollte sie hineilen, da trat sie auf einen dürren Ast und da waren die drei Männlein samt ihrem kostbaren Kegelspiel auch schon in der Höhle verschwunden. Soviel das Weib auch suchte, die Höhle konnte es nicht mehr finden.

 


DER SCHACHERGRABEN


Der Bauer im "Schachen war bei allen als lustiger und herzensguter Mann bekannt. Wer eine Hilfe nötig hatte, klopfte nicht vergebens an seiner Tür. wenn aber er von jemanden etwas brauchte, so versucht er, es vielfach zu vergelten. Als dem Bauern der Gevatter Tod auf die Schulter klopfte, rief er Weib und Kinder zu sich und sagte ihnen seinen Wunsch:"Wenn ich gestorben bin, so spannt meine beiden Ochsen ein, stellt meinen Sarg auf den Wagen und laßt die Ochsen fahren,wohin sie wollen. wo sie mit dem Wagen stehen bleiben, dort soll mein Grab sein. Solange ich Bauer war mußten die Ochsen tun was ich wollte. Ich konnte ihre Mühe und Plage nur durch gutes Futter lohnen. Dafür sollen sie aber jetzt ihren Willen haben." Darauf legte er sich hin und starb. Am zweiten Tag spannte man nun die Ochsen ein und ließ sie mit ihrem verstorbenen Herrn fahren,wohin sie wollten. Weit weg vom Schacherhof, in einem kleinen Tal blieben die Ochsen stehen. Der Bauer wurde dort begraben, ganz so,wie er es gewollt hatte. Das Tal wurde von dem Tage an, der "Schachergraben" genannt und heißt auch heute noch so.

 


DER HEXENKREIS


Auf einer Wiese in der Nähe des Schirmastaler (Schermaustaler) Bauerhofes im Zellenbach gab es früher einen kreisrunden Fleck, auf dem das sonst so saftige Gras ganz gelb und verwelkt war. Die Rohrer nannter ihn den Hexenkreis. Wenn es von Rohr herauf Mitternacht schlug, brannte mitten im Kreis ein kleines Feuerlein auf und von allen Seiten kammen die Hexen auf ihren Besen und Böcken dahergeritten und umtanzten in tollen Wirbeln das Feuer. Schlug es Eins vom Turme, war der Spuk verschwunden. Die Schirmestaler sollen an diesen Tänzen teilgenommen haben, darum wurden sie von den übrigen Dorfleuten gemieden.

 


DAS WEISSE KREUZ


Wenn man durch das Tal des Zellenbaches nach Rohr kommt, sieht man in der Nähe des Friedhofes eine Bildsäule stehen,das "Weiße Kreuz". Vor vielen Jahren sah man an der Stelle, wo heute diese Bildsäule steht, in der Nacht ständig einen Hund. Niemand konnte sich enträtseln, woher er kam und was er an dieser Stelle wolle. Die einen glaubten, er sei ein böser Geist, andere meinten, er bewache einen Schatz. Da faßten beherzte Burschen Mut und gruben an der Stelle nach. Bald stieß man auf zwei Skelette. Man bestattete sie im nahen Friedhof und errichtete an der Stelle das weiße Kreuz. Andere wissen von den Skeletten noch folgendes zu erzählen: Als die Türken Gutenstein belagerten, drang eine kleine Streifschar bis nach Rohr vor.

Die Bauern traten ihnen mit Sensen und Mistgabeln entgegen und erschlugen zwei.

Die anderen wandten sich zur Flucht. Die zwei Skelette die gefunden wurden, seien die beiden Türken gewesen.

 


DER GIESSBRUNN IM NAGELREIT


Seit Monaten hatte es schon nicht mehr geregnet. Mensch und Tier waren am verschmachten. Müde und abgemagert weidete das durstige Vieh des Nagelreiters unweit des Bauernhofes. Der Halterbub hatte eben eine Kuh gemolken. Kaum soviel Milch gab sie, daß sein kleines Jausenhäferl davon voll wurde. Gerade wollte er die Milch in seine durstige Kehle gießen, da kam eine kleine Schlange daher, die ein goldenes Krönlein auf dem Haupte trug. "Gib mir doch deine Milch,"bat sie den Buben."mich dürstet so sehr". Der Bub stellte das Gefäß auf den Boden, kaum hatte die Schlange getrunken, war aus ihr eine wunderschöne weiße Frau geworden."Du hast mich von meinen Zauber erlöst, ich will Dich und die Deinen dafür belohnen." Sie sprach`s und pochte an einen Fels. Da sprudelte ein lustiger Quell hervor. Die Frau aber verschwand. Gierig soff das Vieh das lang entbehrte Wasser. Als sich der Knabe über die Quelle beugte, sah er viele große Forellen darin. In seinen Übermut fing er sie und stach ihnen die Augen aus. Die Strafe blieb nicht aus: der Fels erzitterte plötzlich, und so schnell sie gekommen war, war die Quelle wieder versiegt. Nur wenn es sehr viel geregnet hat, kommt auch heute noch ein Wässerlein heraus. Manche wollen auch blinde Forellen darinnen gesehen haben.


DIE KAPELLE AUF DEM UNTERBERG


Vor vielen Jahren arbeiteten Holzknechte auf dem Unterberg. Sie hatten große Bäume umzuschneiden. Einer von ihnen blieb immer daheim in der Hütte. Er hieß Juri. Seine Kameraden nannten ihn " Goaßarer" weil er die Geißen füttern und melken mußte. Er kochte auch für die anderen. Er war schon etwas schwerhörig und konnte nicht gut sprechen. Aber er besaß eine besondere Kraft, denn er verstand manche Sachen besser als seine Kameraden. Eines Tages, die Sonne strahlte recht schön durch die Bäume, da war auch Juri im Freien und sammelte Holz. Da erblickte er an einer großen Tanne das Bild einer Frau mit einem Kind. Ein wunderbares Strahlen ging von dem Bild aus. Am Abend erzählte er es seinen heimkehrenden Kameraden. Die lachten ihn aus, den von wo sollte das Bild auf einmal herkommen. Da er aber bei seiner Behauptung blieb, wurden sie neugierig und Juri führte sie hin. Da sahen sie ein wunderschönes Muttergottesbild an der Tanne hängen. Die Holzknechte informierten den Pfarrer von Rohr. Dreimal wurde das Bild nach Rohr in die Kirche getragen aber jedesmal verschwand es. Man fand es dann immer wieder an der gleichen Tanne am Unterberg. Da ließ man es oben, schnitt von der Tanne ein Stück ab und baute eine Kapelle darüber. Das Bild wird heute noch verehrt und jedes Jahr geht eine Prozession von Rohr zu der Kapelle auf dem Unterberg.


IM THIER


Zwei Schwämmesammler wurden auf dem Unterberg von einem Unwetter überrascht und krochen in einen hohlen, am Boden liegenden, Ahornstrunk. Von jeder Seite kroch einer hinein. Da aber der Strunk zu kurz  war ragten zu beiden Seiten die Beine heraus. Kaum hatten die beiden Platz genommen, da kamen zwei Bergmännlein gelaufen, die gleichfalls vor dem Unwetter flüchteten und in den Ahornstrunk schlüpfen wollten. Erstaunt blieben sie vor dem sonderbaren Bild stehen."Was ist den das?" fragte der ältere. "Jetzt denk ich auf dem Unterberg schon dreimal Wiese und dreimal Wald, aber ein Tier mit vier Füssen und ohne Kopf habe ich noch nie gesehen. Meiden wir das Tier". Und schnell liefen sie davon. Der Abhang nach Brunntal, auf dem der Ahornstrunk lag, heißt seither im Thier.

 


DIE WEISSE NATTER


Vor langer Zeit rodeten in einem Seitental des Berlgrabens Mönche an einen großen Wald Auf diesem Platze erbaute man einen schönen Bauerhof, dem man den Namen "Am Mönichsreit" gab. Einst saß nun ein reicher, aber sehr geiziger Bauer auf diesem Hof. Eine seiner Mägde bemerkte eines Tages im Kuhstall eine weiße Natter, und da sie ein gutes Herz hatte, gab sie dem Tier Futter. Täglich kam nun die weiße Schlange um sich ein Schälchen Milch von der barmherzigen Magd zu holen. Doch eines Tages ertappte der geizige Bauer die beiden und wollte in seinem Zorn die Schlange zertretten. Nur mit Mühe konnte ihm das die Magd verwehren. "Wie könnt Ihr nur das arme Tier töten wollen, wo es doch jedem, der es im Haus hat, Glück bringt?"In den Tagen darauf fütterte das Mädchen, trotz des Verbotes des Bauern, weiterhin treu das Tier. Wieder erfuhr dies der Bauer, warf die Natter zum Stall hinaus und entließ kurzerhand die arme Magd. Doch von diesem Tage an wich das Glück von seinem Hof. Eine Seuche raffte das Vieh weg, Weib und Kinder wurden krank, und kein Knecht und keine Magd wollten sich wegen seines Geizes mehr bei ihm verdingen. Da fing er selbst in seinem Elend zu saufen und zu spielen an, so daß bald sein ganzes Hab und Gut vertan war und er mit seiner Familie betteln gehen mußte. Die gutherzige Magd hatte in ihrem Leben keine Not zu leiden. Heute noch kannst du die Überreste des ehemals so stolzen Bauernhofes im Mönichsreit sehen.


DER GOLDENE WAGEN


Vor langer Zeit kehrten beim Wirt in der Klaus zwei Wanderburschen ein. Nach den Fragen nach Woher und Wohin erzählte ihnen der Wirt von einer Höhle im Klausbachgraben, in der ein prächtiger goldener Wagen versteckt sein soll. Die beiden Wanderburschen glaubten hier auf leichte Art Reichtum zu erlangen und machten sich auf, die Höhle und den goldenen Wagen zu suchen. Vor der Klamm im Klausbach begegnete ihnen ein altes Weiblein. Das wies ihnen den rechten Weg und sagte noch, sie mögen in der Höhle kein Wort sprechen, sonst verschwände der Wagen sofort wieder. Den beiden Burschen dünkte es nun ein leichtes den Wagen zu gewinnen. Nach langen Suchen fanden sie die Höhle. Voll Neugier und Bangen folgten sie einem langen Gang. Weit in der Ferrne sahen sie es golden leuchten; das mußte der Wagen sein. Je näher sie kamen, desto stärker wurde der Glanz. Endlich standen sie vor einer prächtigen goldenen Kutsche. Sie wollten aufjubeln vor Freude, aber da fiel ihnen noch rechtzeitig das alte Weiblein und das Verbot ein.Schweigend machten sie sich an die Arbeit den Wagen aus der Höhle zu ziehen. Der Wagen stand verkehrt in der Höhle, und da diese zum Wenden zu eng war, mußten sie den Wagen verkehrt hinausschieben. Einer faßte die Deichsel, um zu lenken, der andere schob, und so brachten sie den Wagen mit großer Mühe zum Höhlenausgang. Nur die Deichselspitze war noch in der Höhle, da hielten sie an um zu verschnaufen. "Jetzt haben wir es geschafft", meint der eine. Da fuhr der Wagen mit großem Gepolter wieder in die Höhle zurück, der Gang stürzte ein und die beiden Burschen hatten das Nachsehen. Den Einngang sieht man heute noch, aber große Felsblöcke versperren den Weg zum goldenen Wagen.


DIE SAGE VOM LINDWURM IM UNTERBERG


Im Unterberg gibt es einen großen See, in dem hauste ein riesiger Drache. Wennn dieser in seine unterirdischen Behausung brüllte, erbebte der ganze Berg, ja bis nach Rohr, Kleinzell und in die Ramsau erzittere die Erde. Einem Jäger gelang es einmal sich einen Bergspiegel zu verschaffen. Mit dem konnte man das Innere eines jeden Berges sehen. Als er nun mit dem Bergspiegel in den Unterberg schaute, sah er das Ungetüm im klaren Wasser des Sees herumschwimmen. Die Wände der riesigen Grotte glänzten von Gold und Silber und vom Grund des Sees blitzten die herrlichsten Edelsteine herauf. Der Drache bemerkte das er beobachtet wurde und wühlte vor Zorn im Wasser des Sees, daß der ganze Berg erzitterte. Vor Schreck entfiel dem Jäger der Spiegel und zerbrach. Vor vielen Jahren gab es einmal ein ungeheures Hochwasser. Auch der See im Unterberg stieg immer höher und schäumend schoß sein Wasser bei der Miraluke heraus, dabei schwemmte es auch den Lindwurm heraus. Der konnte das Tageslicht nicht vertragen und ging elendig zugrunde.  Er war ganz schrecklich anzuschauen, hatte ein so großes Maul, daß man ein Paar Ochsen samt Heuwagen hineinstellen hätte können.

 


DER TEUFELSWEG


Es ist noch nicht lange her, dass sich über den Rohrer Berg das Serpentinenband der neuen Strasse zieht. Früher musste man über einen steilen Weg von Gutenstein nach Rohr herüber- fahren. Der erste Teil, von Gutenstein bis zum Winsegger, einem Gasthof auf halber Höhe des Berges, der ging ja noch an. Aber dann! Auf diesem letzten Stück fuhr ein Rohrer Bauer mit seinem schwerbeladenen Fuhrwerk heim. Er war noch nicht weit weg vom Winsegger, da brachten die Pferde den schweren Wagen nicht mehr von der Stelle. Der Bauer begann zu fluchen und zu schreien, denn es war schon spät am Abend. In seinem Zorne schwur er:"Dem Teufel schenk ich meine Seele, wenn er mir den Weg besser macht!" Kaum hatte er den Schwur getan, stand der Leibhaftige neben ihm. Er lachte den erschrockenen Bauern an:"Hier bin ich, lieber Freund und will dir jetzt eine Strasse bauen. Bin ich bis zum ersten Hahnenschrei fertig, so gehört deine Seele mir!" Zitternd hockte der Bauer auf seinem Wagen und wartete auf den Morgen. Beim Winsegger arbeitete der Schuster in der Stör. Da er für den nächsten Tag schon auf einen anderen Hof bestellt war, es aber beim Winsegger noch sehr viel Schuhzeug zum flicken gab, stand er mit seinem Gesellen schon bald nach Mitternacht auf, um mit der Arbeit rechtzeitig fertig zu werden. So klopften Meister und Geselle frisch darauf los. Davon wurde der Hahn wach. Der meinte, er hätte den Morgen versäumt, und krähte sein lautes Kikeriki. Als der Teufel das hörte, fuhr er mit Feuer und Schwefel in die Hölle. Der Bauer war darüber sehr froh, denn er hatte seine Seele behalten; und wenn der Weg auch steil war, der Teufel hatte ihn so gut geglättet, dass der Bauer mit seinem Fuhrwerk leicht den Berg hinaufkam. Von dem Tag an hiess der Weg der Teufelsweg und mancher Fussgänger benützt ihn heute noch, wenn er vom Winsegg auf den Rohrer Berg und von dort herunter die neue kurvenreiche Strasse abkürzen will.

 


DIE BINDERSTUBE IM KAPPENTAL


Im Kappental, im Berlgraben, stand eine Binderstube. Die Fassbinderei und das Körbeflechten waren früher ein wichtiger Teil der Hausindustrie im oberen Schwarzatal. In dieser Binderstube hausten ein Witwer und seine Tochter. Aber viel trug die Arbeit selbst bei grösstem Fleiss nicht ein. So zählten auch die Kappentaler Binderleute zu den ärmsten in Rohr. Der Alte war wieder einnmal unterwegs, um für seine Sechter, Schaffeln und Körbe Lebensmittel einzutauschen. Das Mädchen kochte daheim über der offenen Herdstelle das Essen. Es holte Holz aus der Hütte zum Nachlegen. Als es mit dem Brennmaterial auf dem Arm zurück in die Stube gehen wollte, schlugen aus dem kleinen Fenster und dem Schindeldach Flammen. Gierig verzehrte das Feuer den alten Holzbau. Im Nu ward die ganze Habe ein Häuflein Asche. Traurig stocherte das Mädchen in der Asche herum, ob es nicht doch etwas Brauchbares fände. Da leuchtete es golden auf. Das Mädchen wühlte die Asche auseinander und fand einen grossen Klumpen Gold. Nun hatte alle Not ein Ende und an Stelle der alten Hütte wurde ein stattlicher Bauernhof gebaut. Weil aber die späteren Bewohner des Hofes faul und gottlos lebten, wurde der Hof von einer grossen Feuersbrunst eingeäschert, heute findet man dort nur mehr eine rauchgeschwärzte Ruine.

 


DIE WEISSE FRAU IN DER "KRYE"


Von Rohr im Gebirge führt eine Strasse über den Ochsattel nach Hohenberg. Nicht weit von der Strasse liegt der Hof "Im Naglreit".Vom Naglreit nicht weit entfernt liegt ein Wald, der heisst die Krye. Als einmal der Naglreiter Bauer in die Krye auf die Schildhahnjagd ging, begegnete ihm dort, wo von der Strasse der Steig nach Kleinzell abzweigt, eine Frau. Der Bauer kannte alle Leute in der Gegend, aber diese Frau hatte er noch nie gesehen. Sie hatte ein blütenweisses Kleid an. Ihr langes, offenes Haar wallte weit über die Schultern herab und umrahmte ein wunderschönes Gesicht. Betroffen von so viel Schönheit, blieb der Bauer stehen. Da sprach ihn die weisse Frau an:" Wenn du wieder an dieser Stelle vorbeikommst, werde ich dir wieder begegnen, aber in einer anderen Gestalt als jetzt. Ich werde dir einen Schlüssel reichen. Sperre damit das kleine Kästchen auf, das du hier finden wirst. Du hast mich damit von meinem Zauber erlöst. Denn ich bin verdammt, in der Gestalt irgend eines Tieres zu leben. Nur alle Hundert Jahre einmal darf ich meine wahre Gestalt annehmen und den, der mir begegnet, um meine Erlösung bitten."Mit diesen Worten war die weisse Frau wieder verschwunden. Als der Bauer auf dem Heimweg wieder an die gleiche Stelle kam, da stand an der Weggabel ein schön geschnitztes hölzernes Kästchen. Auf dem Kästchen lag eine zusammengerollte Schlange, die an einem roten Bändchen einen kleinen, goldenen Schlüssel in ihrem Maul hielt. Als der Bauer herankam, richtete sich die Schlange auf und hielt ihm den Schlüssel hin. Er griff danach. In seiner Angst liess er ihn aber fallen. Da waren Kästchen und Schlange verschwunden. Die weisse Frau stand wieder neben ihn und sprach:"In dem Kästchen ist meine Seele eingesperrt. Hättest du den Schlüssel nicht fallen lassen, so wäre ich nun befreit. Dein Lohn aber wäre das Gold gewesen, das noch in dem Kästchen lag."Dann zeigte sie auf ein Bäumchen und sagte zum Naglreiter:"Siehst du das Bäumchen? Aus dem muss ein mächtiger Baum werden.Wird aus seinen Brettern eine Wiege gemacht, dann kann mich das erste Kind, das darin gewiegt wird, erlösen."Dann verschwand die Frau. An dem Baume wurde ein kleines Marienbild angebracht. Man nennt es:"Die weisse Frau in der Krye."

 


DIE HEXE VOM GROESSENBERG

 

Ein kleines Bäuerlein, das nur einige Stück Vieh besaß, trieb diese immer im Sommer auf eine Alm auf dem Grössenberg. Er befahl der Sennerin, recht achtsam zu sein und ging selbst alle paar Tage hinauf um nach dem Rechten zu sehen. Eines Tages nun, als er wieder auf die Alm kam, fand er eine seiner schönsten Kühe tot, mit aufgerissenem, blutendem Leib auf einer Halde liegen. Als sich dies bald wiederholte, fasste er den Entschluss, auf der Alm zu bleiben und zu wachen. In der Nacht nun, als er mit seiner Armbrust auf der Lauer lag, sah er, wie unter heftigem Donner und Blitzen eine alte Hexe auf einem Besen durch die Luft dahergeritten kam. Das schönste Rind suchte sie sich aus und schlug mit ihrem Besen so lange darauf ein, bis es verendend zu Boden stürzte. Zornig wandte der Bauer seine Armbrust gegen die Hexe und schoss sie in den Rücken. Doch die Verwundung nicht achtend, schwang sich diese auf ihren Besen und flog mit Geheul durch die Lüfte davon. Wer beschreibt das Grauen des armen Bäuerleins, als er zu Hause ankam ! Seine alte Großmutter fand er da im Bette liegen und aus einer großen Pfeilwunde im Rücken bluten. Da hatte er die Hexe !